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Debatte zur Autobahnkonzession
Zu Beginn der Sitzung gedachte der Regionalrat des kürzlich verstorbenen ehemaligen Abgeordneten Renato Ballardini, der dem Regionalrat von 1983 bis 1986 angehörte.
Anschließend teilte Präsident Roberto Paccher mit, dass die Abg. Holzeisen und Colli die neue Fraktion VITA - WIR BÜRGER / NOI CITTADINI/NEUS ZITADINS gebildet haben. Der Abg. Wirth Anderlan gehört nunmehr der Gemischten Fraktion an.
Auf Antrag der Fraktionsvorsitzenden de Bertolini, Maule und Degasperi wurde eine Aktuelle Debatte zur Erneuerung der Konzession für die A22-Brennerautobahn abgehalten.
Andrea de Bertolini (PD) kündigte einen Tagesordnungsantrag zum Thema an und erläuterte den Grund für seinen Antrag. Die Nachrichten der letzten Tage zur Konzessionserneuerung seien besorgniserregend. Die Region und die beiden Provinzen seien die Mehrheitseigentümer der A22, daher sollte das Thema auch im Regionalrat besprochen werden. Die Brennerautobahn sei eine strategische Einrichtung für dieses Gebiet. Die jetzige Ausschreibung sei das Ergebnis langer Verhandlungen, und man habe auf ein bestimmtes Modell gesetzt, von dem man wusste, dass es vor den EU-Normen keinen sicheren Stand hat. Und prompt seien Rekurse von Konkurrenten gekommen. Mit einer Inhouse-Gesellschaft wäre dies nicht passiert. Der vorgelegte Tagesordnungsantrag würde es erlauben, einen neuen Weg einzuschlagen.
Filippo Degasperi (Gemischte Fraktion) erinnerte daran, wie man 2014 noch Vertrauen in die römische Regierung hatte, das aber enttäuscht wurde. Man habe dann den Umweg über das Project-Financing genommen, das als sichere Lösung verkauft worden sei. Jetzt habe man entdeckt, dass dabei wichtige Aspekte nicht bedacht worden seien. Das sei ein Beispiel für Dilettantismus.
Präsident Kompatscher habe vor kurzem noch gesagt, es werde wenig Konkurrenz bei dieser Ausschreibung geben, berichtete Brigitte Foppa (Grüne). Es seien auch Projekte für die Allgemeinheit damit verbunden worden, aber da hätten Parkplätze und ähnliches Vorrang gegenüber Lärmbarrieren.
Paul Köllensperger (Team K) erinnerte daran, dass man vorher immer auf das Inhouse-Modell gesetzt habe, um die A22 in öffentlicher Hand zu behalten. Das PPP-Modell sei ein sehr gefährlicher Weg, der Staatsrat habe bereits beizeiten in Brüssel nachgefragt, ob das hält - die Antwort stehe noch aus. Die Regionalregierung solle sagen, ob sie am PPP festhalten wolle oder ob sie einen Plan B habe.
Antonella Brunet (Noi Trentino per Fugatti presidente) bezeichnete die A22 als wesentliche Verkehrsader für die Wirtschaft und Zukunft der Region. DAs PPP-Modell sei ein ambitiöses Modell, um gemeinnützige Ziele in diese Verkehrsader zu legen.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) sah die A22 als Verbindung zwischen zwei wichtigen Wirtschaftsräumen. Man hätte viel mehr fordern können, für die heimische Wirtschaft, für die Gesundheit der Bevölkerung. Sowohl Inhouse- als auch PPP-Modell stünden nun an der Kippe. Der Schaden wäre groß, wenn die Konzession an andere ginge.
Man habe die Ausschreibung in zwei Phasen geteilt, um die Bedürfnisse der Bevölkerung möglichst gut berücksichtigen zu können, erklärte Magdalena Amhof (SVP). Es sei gelungen, z.B. Lärmschutzwände und andere Maßnahmen zum Gesundheitsschutz unterzubringen. Ebenso wichtig sei die Mitsprache der betroffenen Gebiete, etwa wenn es um Ausfahrten gehe. Daher sehe sie die Ausschreibung in dieser Form positiv.
Die Politik bestehe heute viel aus Ankündigung und Aufmachung, meinte Francesco Valduga (Campobase). Derzeit werde alles widerlegt, was angekündigt wurde. Dass man von der Inhouse-Lösung abgegangen sei, sei nicht nachvollziehbar. In Friaul sei diese Lösung möglich, hier hätte die Politik mehr wagen können.
Stefania Segnana (Lega) zeichnete die verschiedenen Phasen bis zur Ausschreibung nach. Mit dem PPP-Modell könne man die Interessen des Territoriums berücksichtigen, mit dem Inhouse-Modell nicht.
Mirko Bisesti (Lega) bestätigte dies. Mit dem PPP-Modell sei es auch möglich gewesen, einen Fonds zum Ausbau der Eisenbahn anzulegen. Man sei sich bewusst, dass man in einer sensiblen Phase sei, daher sollten alle politischen Lager zusammenarbeiten. Es gehe nicht nur um eine Nord-Süd-Verbindung, sondern auch um Maßnahmen zugunsten der Bevölkerung der Region.
Madeleine Rohrer (Grüne) kritisierte, dass von den 10 Mrd. an Investitionen der Großteil für den Ausbau der Autobahn verwendet werde, etwa die 3. Spur. Der massive Ausbau der Kapazitäten führe zu mehr Verkehr und zu mehr Belastungen.
Seit über zehn Jahren habe Kompatscher die Konzessionserneuerung angekündigt, kritisierte Thomas Widmann (Gemischte Fraktion), aber immer noch sei nichts passiert. Fugatti könne man nichts vorwerfen, es sei von Anfang an zu hoch gepokert worden. Durnwalder hätte die Konzession in kürzester Zeit erreicht.
Vanessa Masè (La Civica) kritisierte, dass man die A22 nur als Problem sehe. Man bedenke, welchen wirtschaftlichen Vorteil sie der Region gebracht habe. Mit dem PPP-Modell seien wichtige Investitionen für Land und Leute möglich.
Franz Locher (SVP) sah die vielen Vorteile dieser Ausschreibung, so könne man entscheiden, was an den Raststätten angeboten werde und Werbung für heimische Produkte machen.
Anna Scarafoni (Fratelli d’Italia) sah die Autobahn als großen Wert für die Region. Nun werde nicht nur die Ausschreibung angegriffen, sondern das Modell, das das öffentliche Interesse in den Vordergrund stelle. Ohne dieses werde die A22 zur reinen Verkehrsader, zur Durchzugsstraße für andere.
Peter Brunner (SVP) verteidigte das PPP-Modell. Es sei auch über eine Verlängerung und über eine Inhouse-Lösung verhandelt worden, ohne Erfolg. Die A22 sei auch wichtig für Sicherheits- oder Umweltmaßnahmen vor Ort, ebenso für die Finanzierung der BBT-Zulaufstrecken. Es sei wesentlich, dass die Führung in lokaler Hand bleibe.
Allein die Hoffnung genüge nicht, bemerkte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit). Kompatscher habe schon öfter einen Abschluss angekündigt. Auch die bisherige Gebarung habe nicht nur positive Seiten, man denke an die Staus vor den Mautstellen, an fehlende Lärmschutzwände, die Raststätten voller auswärtiger Produkte u.a. Der Verkehr habe zugenommen, die Belastung habe sich vergrößert, die Struktur habe sich verschlechtert.
Luis Walcher (SVP) unterstrich die Bedeutung der A22 für das Gebiet. Die Konzessionsverlängerung sei keine leichte Sache, und man müsse dankbar sein für das, was bisher von der A22 an Investitionen für Land und Leute investiert worden sei. Er hoffe, dass dies auch in Zukunft möglich sein werde.
Harald Stauder (SVP) erläuterte einen Beschlussfassungsvorschlag zum Thema, der von vielen unterschrieben worden sei, und in dem es um Investitionen und Maßnahmen für die Bevölkerung gehe. Die Regionalregierung werde damit aufgefordert, den beschrittenen Weg weiterzugehen.
Hubert Messner (SVP) legte das Augenmerk auf die Gesundheit der Bevölkerung entlang dieses Korridors. Maßnahmen zum Gesundheitsschutz seien nur möglich, wenn die A22 in öffentlicher Hand bleibe: Lärmschutz, E-Mobility, Verlagerung auf die Schiene u.a.
Rosmarie Pamer (SVP) sah diese Ausschreibung als einzigen Weg, um die Interessen der Bevölkerung zu berücksichtigen, da gehe es z.B. auch um familienfreundlichere Raststätten.
Alle seien sich einige, dass die A22 in öffentlicher Hand bleiben müsse, erklärte Christian Bianchi (Lega). Die Ausschreibung sei nicht für jene gedacht, die hier abkassieren wollten, sie sehe Investitionen für das Gebiet vor.
Daniel Alfreider (SVP) zeichnete den Werdegang bis zur Ausschreibung nach. Beim Inhouse-Modell habe es immer wieder Hindernisse gegeben. Allein mit Bedenken komme man nicht weiter. Es werde hilfreicher sein, wenn alle mitarbeiten, damit die Infrastruktur in öffentlichen Händen bleibe, damit auch die betroffenen Gemeinden eingebunden werden könnten.
Walter Kaswalder (Patt Fassa) bemerkte, dass die A22 bis 2024 auch Mitglied der Vereinigung der Autobahnkonzessionäre Aiscat war, die nun gegen die Ausschreibung rekurriere. Er fragte, warum man ausgetreten sei. Wäre man dringeblieben, hätte die Aiscat wahrscheinlich nicht Rekurs eingelegt.
Alessio Manica (PD) erinnerte an das eigentliche Thema der Debatte, die Ausschreibung der Konzession. Er frage sich, ob es wirklich unmöglich gewesen sei, die privaten Aktionäre auszuzahlen. Vorhaben wie der Green Corridor wären auch mit einer Inhouse-Lösung möglich gewesen. Auch der Ausstieg aus der Aiscat sei nicht nachvollziehbar.
Als Anwohner der Autobahn müsse er sagen, dass es eine Änderung brauche, zum Wohle und für die Gesundheit der Bevölkerung, erklärte Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit).
Maurizio Fugatti (Lega) verwies auf ein Bedenken des Rechnungshofes zu den privaten Teilhabern. Für die Auszahlung hätten die Privaten weit mehr verlangt, als der Rechnungshof für angemessen erachtet habe. Das sei der Grund, warum man vom Inhouse-Modell sei.
Präsident Arno Kompatscher erinnerte daran, dass die Konzession bereits 2010 ausgeschrieben wurde, zu einer Zeit als Monti den Spielraum der Regionen beschränkt habe. Unter diesen Voraussetzungen wären keine Investitionen zugunsten der Bevölkerung möglich gewesen. Deshalb habe man verhandelt und zunächst auf das Inhouse-Modell gesetzt. Dann sei der Rechnungshof dazwischengefahren, und man hätte die Privaten nur mit einem Trinkgeld auszahlen dürfen. Man habe auch eine NewCo angedacht, aber dann hätte der Konzessionsgeber entschieden, was mit dieser Autobahn geschehe. Deshalb sei man zum PPP-Modell gekommen. Es habe in Italien bereits zig Verfahren nach diesem Modell gegeben. Das Vorzugsrecht stehe im staatlichen Gesetz. Es gebe nun aber Diskussionen, ob das mit EU-Recht konform sei. Mit dem PPP könne man all das realisieren, was vorher unmöglich gewesen sei, etwa Investitionen in Verladebahnhöfe oder Wasserstofftankstellen. Die dritte Spur sei immer schon vorgeschrieben gewesen. Die Aiscat sei in Aufruhr, weil mit dieser Ausschreibung ihr Businessmodell in Frage gestellt werde: kassieren statt für das Gebiet investieren. Egal wer diese Ausschreibung gewinne, die Vorteile für die Region würden bleiben.
Zum Thema wurden zwei Anträge eingereicht, die nach ihrer Übersetzung im Plenum behandelt werden.
Beschlussfassungsvorschlag Nr. 11: Feststellung der Voraussetzungen für die Nichtabhaltung einer Volksbefragung in Bezug auf die Änderung der Grenze zwischen der Gemeinde Vahrn und der Gemeinde Brixen im Bereich der Elisabethsiedlung (eingebracht auf Antrag der Regionalregierung). Den Verzicht auf eine Volksbefragung begründete Ass. Franz Locher damit, dass es sich nur um einen Übergang von Zubehörsflächen handelt und keine Bürger die Wohnsitzgemeinde wechseln müssen, dass die Gemeinderäte von Brixen und Vahrn der Änderung mit breiter Mehrheit zugestimmt haben und die Südtiroler Landesregierung ein positives Gutachten dazu abgegeben hat.
Der Vorschlag wurde ohne Debatte mit 53 Ja und 5 Enthaltungen angenommen.
Begehrensantrag Nr. 2, eingebracht vom Abg. Kaswalder betreffend „Verbrenner-Aus ab 2035“. Der Regionalrat fordert das italienische Parlament auf, die Frist für das Ende der Verbrennungsmotorenproduktion über 2035 hinauszuschieben und die CO2-Emissionsziele neu zu verhandeln.
Die EU plant, die Produktion und den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2035 zu stoppen, um die Klimaneutralität zu erreichen, bemerkte Walter Kaswalder (Patt Fassa). Trotz politischer Maßnahmen bevorzugen viele Italiener weiterhin Diesel-, Benzin- und Hybridfahrzeuge. Der Markt für Elektroautos kommt nicht in Schwung. Die Umstellung auf Elektroautos führt zu einer Wirtschaftskrise in Europa, mit Werksschließungen und Arbeitsplatzverlusten, insbesondere bei großen Automobilherstellern wie Audi und Volkswagen. Die Krise könnte auch die Region Trentino-Südtirol stark treffen, da viele Unternehmen in der Automobilzulieferindustrie tätig sind.
Laut Lucia Coppola (Grüne) trägt der Antrag nicht dem Umstand Rechnung, dass die fossilen Treibstoffe immer weniger würden und dass jeder Grad an Erderwärmung zu immer mehr Katastrophen führen werde, mit wirtschaftlichen Schäden, die weit größer seien als eine Einsparung, die man sich mit dem Aufschub des Umstiegs erwarte.
Der Antrag gehe gegen all das, was die Kompatscher in den letzten Jahren angekündigt und versprochen habe, meinte Madeleine Rohrer (Grüne). Man wollte auf Öffis setzen und den unvermeidlichen Straßenverkehr auf elektrisch umstellen. Beim Verkauf der E-Autos gebe es einen Stau, aber das werde sich lösen.
Claudio Cia (La Civica/Agire) wandte sich gegen apokalyptische Ansichten zum Thema. Wenn man so weitermache, komme es zu einem sozialen Desaster, man schaue nach Deutschland. Er plädierte dafür, den Antrag zurückzuziehen.
Guglielmo Valduga (Campobase) sah den Antrag als einen Rückschritt gegenüber jenen Zielen, die sich die Politik in den letzten Jahren gesetzt habe. Es gebe keinen Grund, davon abzugehen.
Franz Ploner (Team K) wandte sich gegen den Antrag. Auch bei der Kontrolle über die A22 gehe es darum, Umweltmaßnahmen zu treffen. Die Krise der Autoindustrie gehe auf eigene Versäumnisse zurück.
Zeno Oberkofler (Grüne) wies darauf hin, dass es noch kein Verbrennerverbot gebe. Dieses könne also nicht für die Krise der Autoindustrie verantwortlich sein. Diese habe v.a. damit zu tun, dass China derzeit keine europäischen Autos mehr kaufe und dass die Europäer nicht rechtzeitig umgerüstet hätten. Oberkofler wies auch auf die zunehmenden Umweltkatastrophen hin.
Die Debatte wird am Nachmittag wieder aufgenommen.
Videoaufnahmen von der Sitzung (Regionalrat/GNews):
https://we.tl/t-wThWIHkvNR