Pressemitteilungen
Gesetzentwurf zu Frauenvertretung in der Regionalregierung
Zu Beginn der Sitzung verlas Präsident Roberto Paccher eine Stellungnahme, mit der die Fraktionsvorsitzenden den Ordnungskräften ihre Solidarität ausdrücken. Der Vorschlag dazu war von Anna Scarafoni (FdI) angesichts einschlägiger Vorfälle in verschiedenen italienischen Städten vorgelegt worden.
Gesetzentwurf Nr. 1: „Frauen in die Regionalregierung” – Änderung des Regionalgesetzes Nr. 25 vom 20. August 1952 (Wahl der Organe der Region und der Provinzen Trient und Bozen) in geltender Fassung (eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Foppa, Rohrer, Coppola und Oberkofler - am 14. Februar 2024 von den Regionalratsabgeordneten Rieder, Demagri, Maule, Calzà, Stanchina, Ploner Alex, Köllensperger, Malfer, Maestri, Parolari, Franzoia, Ploner Franz, Manica, de Bertolini, Repetto, Valduga und Zanella mitunterzeichnet - am 18. Juni 2024 von den Regionalratsabgeordneten Stauder, Achammer, Alfreider, Amhof, Brunner, Deeg, Kompatscher, Locher, Messner, Noggler, Pamer, Schuler und Walcher mitunterzeichnet).
Mit dem Gesetzentwurf soll folgende Bestimmung in das Wahlgesetz eingefügt werden: „In der Regionalregierung müssen beide Geschlechter vertreten sein. Der Anteil des unterrepräsentierten Geschlechts muss mindestens im Verhältnis zu seiner Stärke im Regionalrat, zum Zeitpunkt seiner Konstituierung, garantiert werden, wobei Dezimalstellen unter 50 auf die nächst niedrigere ganze Zahl abgerundet und Dezimalstellen gleich oder über 50 auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundet werden.“
Die Behandlung des Gesetzentwurfs hatte bereits im Oktober begonnen (siehe Pressemitteilungen vom 10. 10. 2024: PM1, PM2).
Myriam Atz (Süd-Tiroler Freiheit) erinnerte an die Schwierigkeiten bei der Bildung der Regionalregierung. Ein Gremium ohne Frauen sollte es heute nicht mehr geben. Es sei schade, wenn sich so wenig Frauen für Ämter zur Verfügung stellten. Sie werde aber nicht für dieses Gesetz stimmen, denn Frauen sollten selber entscheiden können. Sie hätten bereits die Last der Familienarbeit. Sie warnte davor, die Frauen in gute und schlechte Feministinnen auseinanderzudividieren. Die Mehrheit sollte in der Frage vom Parteidenken abkommen und auch Frauen aus der Opposition suchen.
Frauen gehörten in die Politik, nicht aus Gnade, sondern aus Gerechtigkeit, meinte Waltraud Deeg (SVP). Auch auf internationaler Ebene sei die Vertretung von Frauen vorgesehen, das gehöre zur Demokratie. Eine Quote habe auch dazu geführt, dass mehr Frauen in Verwaltungsräten säßen. Die gläserne Decke zeige sich immer, wenn es um Geld oder Macht gehe. In der Verfassung stünden das Gleichberechtigungsprinzip und die Pflicht, strukturelle Barrieren abzubauen. Um mehr Frauenbeteiligung zu erreichen, brauche es auch Vorbilder. Eine Frauenquote sei kein Privileg, sondern ein notwendiger Schritt.
Marco Galateo (Fratelli d’Italia) sprach sich generell gegen Frauenquoten aus. Seine Partei habe zahlreiche Frauen an führender Stelle aufzuweisen. Es gebe bereits die 30-Prozent-Quote für die Kandidatenlisten. Eine Frauenquote für die Regionalregierung würde den Kern der Demokratie angreifen. Frauen hätten keine Reservate nötig. Es sei auch inkohärent, wenn jene, die auch das 57. Geschlecht einführen wollten, nun eine eigene Quote nur für Frauen verlangten.
Paolo Zanella (PD) sah es umgekehrt: Derzeit seien in der Regierung die Frauen unterrepräsentiert, gerade weil sie Frauen seien, weil sie schlechtere Startpositionen hätten. Die Verfassung fordere nicht nur eine formale Gleichberechtigung, sondern eine substanzielle. Der Auftrag der Verfassung sei, Hindernisse abzubauen, und dazu sei auch positive Diskriminierung möglich.
Bernhard Zimmerhofer (Süd-Tiroler Freiheit) zitierte ebenfalls die Verfassung, die vom gleichberechtigten Zugang der Geschlechter zu den Ämtern spreche. Er habe für die Gemeindewahlen viele Frauen kontaktiert, aber keine sei zur Kandidatur bereit gewesen. Man dürfe Frauen nicht in eine Position zwingen, die sie nicht wollten.
Stefania Segnana (Lega) sah das Thema der Frauenvertretung als wichtig und berechtigt, aber bei der Umsetzung gingen Rechts und Links auseinander. Der Volkswille sei grundlegend, und hier müsse man um mehr Unterstützung für Frauen werben. Sie sei absolut für eine Frauenvertretung in der Regionalregierung, aber der Regionalrat habe bereits vielerlei Proporz zu beachten: Provinzen, Sprachgruppen, Mehrheit-Opposition. Also: Ja zur Frauenvertretung, aber zu den Details werde man eine Änderung vorlegen.
Zeno Oberkofler (Grüne) wies darauf hin, dass die Quote bereits in den beiden Landesregierungen und in den Gemeinden gilt. Es gehe nicht darum, Frauen in die Regierung zu zwingen, sondern um eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter. Ohne Quote sei das nicht gelungen. Frauen sollten nicht auf ihre Rolle in der Familie reduziert werden, eine Gesellschaft könne und solle sich weiterentwickeln.
Hannes Rabensteiner (Süd-Tiroler Freiheit) hielt es für begrüßenswert, wenn Frauen sich für Frauen einsetzten. Viele Frauen seien überzeugt, dass Zwangsquoten die Situation der Frauen nicht verbessern würden. Eine Quote sei nicht der rechte Weg zur Gleichberechtigung. Frauen sollten sich mehr zutrauen. Frauen in Ämtern hätten Vorbildfunktion und sollten andere Frauen motivieren. Quoten würden nur neue Ungerechtigkeiten schaffen. Statt über Quoten zu diskutieren, sollte sich die Politik der wahren Probleme der Frauen annehmen: Rentenabsicherung, Sicherheit im öffentlichen Raum u.a.
Bei der Bildung der Regionalregierung habe man gesehen, dass diese nur ein Kompensationsgeschäft für die Landesregierungen ist, erklärte Lucia Maestri (PD), man habe an alles gedacht, nur nicht an die Frauen. Und damit habe man eine blöde Figur gemacht. Andererseits habe Präsident Kompatscher gleich klargemacht, dass er keine Regierung ohne Frauen wolle. Auch deshalb habe die SVP den Gesetzentwurf mit unterschrieben. Es zeige sich, dass die Frauen einfach vergessen würden, wenn es kein entsprechendes Regelwerk gebe. Die Regionalregierung werde nicht direkt vom Volk gewählt, daher brauche man in dieser Frage auch nicht den Volkswillen bemühen.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) kritisierte, dass man in dieser Frage mit zweierlei Maß messe. Gerade jene Partei, die immer auf die genaue Einhaltung des Proporzes aufpasse, sehe dafür keine Notwendigkeit, wenn es um Frauen gehe. Wenn der Volkswille bemüht werde und die Vorzugsstimmen als Kriterium angemahnt würden, dann müsse man auch zur Kenntnis nehmen, dass diese Kriterien bei der Bildung der Südtiroler Landesregierung nicht beachtet wurden. Wenn Galateo den Volksproporz für die Berechnung der Italienerstellen in der Landesregierung fordere, dann müsse er diesen auch bei den Frauen in der Landesregierung anwenden.
Eleonora Angeli (Noi Trentino per Fugatti presidente) sah Quoten als nützlich zur Erreichung der gesteckten Ziele. Das Ziel sei eine gerechte Vertretung der Geschlechter.
Madeleine Rohrer (Grüne) sah die Frauen in der Politik benachteiligt, und daher seien sie auch unterrepräsentiert. Man bemerke bei manchen Männern im Saal ein Unwohlsein, eine Angst, die Frauen könnten ihnen etwas wegnehmen. Es sei heute unvorstellbar, dass eine Regierung gebildet werde, in der die Hälfte der Bevölkerung nicht vertreten sei. Sie forderte Präsident Kompatscher auf, endlich ein Machtwort gegenüber seinen Regierungspartnern zu sprechen.
Es sei weniger so, dass viele Frauen sich nicht engagieren wollten, viele könnten es nicht, meinte Vanessa Masè (La Civica). Sie betonte, dass sie bei der doppelten Vorzugsstimme im Trentino nicht die Seite gewechselt habe. Sie sei auf jeden Fall für eine Vertretung beider Geschlechter in den Regionen.
Die Debatte wird am Nachmittag um 14.30 h fortgesetzt.
Videoaufnahmen von der Sitzung am 22.01.2025 (Vormittag):
https://we.tl/t-WjuFg5B42h