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Debatte über Savoi, Regeln für Referenden, Maßnahmen zum Transit
Zu Beginn der Sitzung erinnerte Brigitte Foppa (Grüne) an den Brief, den sie und andere Abgeordnete an Präsident Paccher geschrieben haben. Darin hätten sie gegen die vulgären und verächtlichen Äußerungen des Präsidiumsmitglieds Savoi gegenüber andere Abgeordnete protestiert. Mit solchen Äußerungen würden Frauen abgewertet. Die Geschäftsordnung sehe in diesem Fall keinen Misstrauensantrag vor. Präsident Paccher möge also Savoi zum Rücktritt auffordern.
Präsident Roberto Paccher wies darauf hin, dass die Geschäftsordnung keine Debatte zu dem Punkt vorsehe. Was Foppa fordere, sei ebenfalls nicht möglich. Paccher verwies auf die Entschuldigung Savois gegenüber den betroffenen Abgeordneten.
Der Regionalrat gedachte anschließend mit einer Schweigeminute des kürzlich verstorbenen ehemaligen Abgeordneten Carlo Willeit.
Präsident Paccher teilte mit, dass der Abg. Ugo Rossi zur gemischten Fraktion und die Abg. Katia Rossato zur Fraktion Fratelli d’Italia übergewechselt sind.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) betonte, dass Savoi keine Privatperson sei, er sei Mitglied des Präsidiums. Eine Entschuldigung reiche nicht. Diese Äußerungen seien für ein Präsidiumsmitglied inakzeptabel. Eine Debatte zu diesem Thema stehe nicht auf der Tagesordnung, niemand habe dies beantragt, erwiderte Präsident Paccher.
Sarah Ferrari (PD) nahm dies zur Kenntnis. Mit seinen Äußerungen habe Savoi jedenfalls den Ruf der weiblichen Abgeordneten und des ganzen Regionalrats geschädigt. Dies könne man nicht einfach aussitzen.
Präsident Paccher betonte, dass das Thema nicht auf der Tagesordnung stehe, und löschte die entsprechenden Redevormerkungen. Wenn die Abgeordneten über das Thema reden wollten, müssten sie einen entsprechenden Punkt für die Tagesordnung einreichen.
Vorschläge betreffend die Änderung der Zusammensetzung der Gesetzgebungskommissionen, im Besonderen hinsichtlich der Ernennung eines Mitglieds der 1. Gesetzgebungskommission anstelle des Abg. Lorenzo Ossanna und nachfolgende Maßnahmen.
Lorenzo Ossanna schlug im Namen des PATT den Abg. Carlo Vettori vor.
Ugo Rossi (gemischte Fraktion) kam auf das vorherige Thema zurück: Er habe den Brief von Foppa mitunterschrieben, dieser sei direkt an Savoi gerichtet und fordere diesen zum Rücktritt auf.
Brigitte Foppa protestierte gegen die Vorgangsweise des Präsidenten. Die Geschäftsordnung erlaube Wortmeldungen zum Fortgang der Arbeiten, und darum habe es sich bei der Debatte gehandelt. Im Regionalrat werde oft und viel geredet, aber wenn es um die Würde der Abgeordneten gehe, sei jedes Wort zu viel. Präsident Paccher betonte, dass es seine Aufgabe sei, für die Einhaltung der Tagesordnung zu sorgen.
Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia) ging auf den Vorschlag zur Nachbesetzung der Kommissionen ein und sah einen Überhang des PATT. Jede Kommission müsse die Mehrheitsverhältnisse widerspiegeln. Präsident Paccher erklärte, dass der scheidende Abgeordnete durch ein Mitglied derselben Fraktion ersetzt werden müsse. Die neuen Mehrheitsverhältnisse, die sich durch die jüngsten Fraktionsübertritte ergeben hätten, würden bei den nächsten Sitzungen berücksichtigt. Das würde bedeuten, dass man danach wieder umbesetzen müsse, erwiderte Urzì. Die Frage betreffe die zweite Gesetzgebungskommission, und dazu werde es in Kürze Verhandlungen geben, erklärte Paccher.
Lucia Coppola (Grüne) wollte in persönlicher Angelegenheit sprechen, wurde aber von Präsident Paccher unterbrochen.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) zeigte sich betroffen von den Äußerungen Savois. Dieser könne nicht als Präsidiumsmitglied den ganzen Regionalrat repräsentieren. Auch die Mehrheit sollte intern darüber beraten. Zur Nachbesetzung der Kommission teilte er die Bedenken Urzìs.
Paolo Zanella (gemischte Fraktion) bezeichnete die Äußerungen Savois ebenfalls als unhaltbar. Es seien sexistische, von Hass geprägte Äußerungen. Er erwarte sich, dass Savoi bei der Neuwahl des Präsidiums im Mai einen Rückzieher mache.
Präsident Paccher hätte mit dem Brief der 15 Abgeordneten durchaus eine Grundlage gehabt, um eine Debatte zum Thema anzuberaumen, meinte Lucia Coppola (Grüne). Savois Entschuldigung habe man im Regionalrat nie vernommen.
Der Brief habe keine Debatte im Plenum beantragt, erwiderte Präsident Paccher.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) teilte die Bedenken Urzìs zur Kommission. Zum Fall Savois sagte sie, sie hätte sich zumindest eine Stellungnahme des Betroffenen erwartet, wenn nicht einen Rücktritt. Es genüge nicht, einfach den Post zu löschen. Die Abgeordneten hätten eine Vorbildfunktion. Es könne nicht sein, dass solche Äußerungen keine Konsequenzen hätten.
Lorenzo Ossanna (PATT) erinnerte daran, dass nach seinem Rücktritt seine Fraktion nicht mehr in der Kommission vertreten sei.
Alessandro Savoi (Lega Salvini) erklärte, dass er den Post gelöscht und sich bei allen betroffenen Abgeordneten entschuldigt habe. Diese hätten seine Entschuldigung angenommen. Er räumte ein, einen Fehler begangen zu haben, aber er habe immer politische Kohärenz gezeigt. Im Präsidium sei der Fall diskutiert worden, aber ein Misstrauensantrag sei nicht vorgesehen. Für Mehrheit und Opposition im Präsidium sei der Fall abgeschlossen. Auch in seiner Partei sei die Frage geklärt. Er werde sein Mandat nicht zurücklegen. Er habe keinen Hass gepredigt, das täten andere.
Alex Marini (Movimento 5 Stelle) verwies auf die Geschäftsordnung (Art. 47), wonach Äußerungen, die den Ruf der Institution schädigen, geahndet werden können. Auch eine Untersuchungskommission könne auf Antrag der Betroffenen eingesetzt werden (Art. 59). Der genannte Artikel betreffe Äußerungen während einer Sitzung, wandte Präsident Paccher ein, aber die beanstandeten Äußerungen seien außerhalb des Regionalrats gefallen. Diese Einschränkung sei aufgrund einschlägiger Gerichtsurteile überholt, erwiderte Marini.
Es gebe Angelegenheiten, bei denen man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen könne, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Man müsse einen Weg finden, um heute über den Fall diskutieren können.
Es sei nicht so, dass heute nicht darüber geredet worden sei, antwortete Präsident Paccher. Es fehle aber ein entsprechender Tagesordnungspunkt, über den man diskutieren könne.
Das Plenum sei souverän und könne seine Themen selbst bestimmen, meinte hingegen Brigitte Foppa. Nun sei der Ball aber bei der Mehrheit. Die SVP, die sich oft gegen verbale Gewalt ausgesprochen habe, solle bei der Neuwahl des Präsidiums die Konsequenzen ziehen.
Giorgio Tonini (PD) erinnerte daran, dass Savoi wegen der beanstandeten Äußerungen bereits vom Vorsitz seiner Partei zurückgetreten sei; nun sollte er denselben Schritt auch beim Präsidium machen. Zur Neubesetzung der Kommission bezeichnete er es als unüblich, dass der Namensvorschlag von einem Regierungsmitglied (Ossanna) komme. Ossanna sei auch Fraktionsvorsitzender des PATT, erklärte Präsident Paccher.
Mirko Bisesti (Lega Salvini) verwies darauf, dass Savoi heute Stellung genommen und seine Position geklärt habe. Er habe sich bei allen entschuldigt, also auch bei den Regionalratsabgeordneten, und es sei eine Entschuldigung ohne Vorbehalte gewesen.
Alessandro Urzì erinnerte daran, dass er zu Fratelli d’Italia gewechselt sei, und das kein Gegenstand, über den der Regionalrat diskutieren müsste. Im Regionalrat seien auch politische Kräfte wie die 5 Stelle vertreten, die sich nicht für die Äußerungen ihres Parteivorsitzenden entschuldigt hätten.
Das Plenum wählte schließlich Carlo Vettori (PATT) mit 29 Stimmen (27 Enthaltungen, 1 Nein) zum neuen Mitglied der 1. Gesetzgebungskommission.
Begehrensantrag Nr. 7, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Marini, Nicolini, Köllensperger, Rieder, Dello Sbarba und Coppola, damit das Parlament und die italienische Regierung sich verpflichten, die politischen Rechte über Volksabstimmungen an den Standpunkt des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen anzupassen.
Renate Gebhard von der SVP habe als erste im Parlament auf das Thema hingewiesen, erinnerte Alex Marini (Movimento 5 Stelle). Der Menschenrechtsausschuss habe Schwachstellen im italienischen Regelwerk zu den Volksabstimmungen gesehen: die Verfügbarkeit eines Beamten, der die Unterschriften bestätigt, den Mangel an institutioneller Information über den Referendumsgegenstand und die Unmöglichkeit, in öffentlichen Räumen Unterschriften zu sammeln. Die Menschenrechtscharta sehe auch die direkte Beteiligung an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten als Grundrecht an. Wer in diesem Recht beschnitten wird, könne sich direkt an den Ausschuss wenden, und das sei 2014 gegenüber den italienischen Bestimmungen geschehen. Mit dem Antrag solle das Parlament verpflichtet werden, die Bestimmungen im Lichte der Menschenrechtserklärung zu prüfen und entsprechende Abhilfemaßnahmen vorzulegen.
Da sich niemand zur Debatte meldete, wurde direkt über den Antrag abgestimmt, der mit 49 Ja, 4 Nein und 6 Enthaltungen angenommen wurde.
Beschlussantrag Nr. 14, eingebracht von den Regionalratsabgeordneten Masè, Gottardi und Guglielmi, um die Regionalregierung zu verpflichten, Initiativen hinsichtlich des Transports auf der Schiene, der Autobahn und des kombinierten Transports auf der Brennerstrecke unter Miteinbeziehung der Provinzen, Institutionen und der österreichischen Regierung zu ergreifen.
Die Situation sei seit Jahren kritisch, erklärte Vanessa Masè (La Civica), mit den Pandemie-Maßnahmen sei der freie Warenverkehr weiter eingeschränkt worden. Das treffe den Export aus Trentino-Südtirol besonders hart, während Tirol nicht betroffen sei. Die Einschränkungen seien stets mit dem Schutz der Umwelt begründet worden. Aber sie sollten auch angemessen sein, wie es auch die Euregio fordere. Der Brennerbasistunnel könne nicht alle Probleme lösen, außerdem könne man nicht solange warten. Nach der Pandemie werde der Warenverkehr wieder zunehmen. Der Antrag ziele darauf ab, den Kombiverkehr einfacher und attraktiver zu machen und zu fördern, den Zustand der ROLA-Ausrüstung zu prüfen - auch in Hinsicht auf die Gesundheit der mitreisenden Fahrer. Es sei zusammen mit Tirol eine einheitliche Transportpolitik zu verfolgen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sah mehr Differenzierung nötig. Südtirol und das Trentino hätten nicht immer die gleichen Interessen. Die Maßnahmen Tirols seien für Südtirol ein Segen. 1 Mio. LKW seien laut EU das Maximum, das man den Anrainern zumuten könne, derzeit würden 2,3 Mio. LKW den Brenner passieren, weil das der billigste Alpenübergang sei. Die angesprochenen Frächter seien vor allem Fahrer aus Osteuropa, die mit Billiglöhnen arbeiteten. Dieses Verkehrsaufkommen sei auch schädlich für den Tourismus. Es sei schade, dass italienische Regionen nicht dieselbe Durchschlagskraft hätten, um den Verkehr zu beschränken. Man könne hingegen an einem einheitlichen Mautsystem arbeiten, das derzeitige sorge regelmäßig für Staus in Sterzing. Bevor man andere Landesteile kritisiere, die die Gesundheit ihrer Bürger schützten, sollte man schauen, dass Italien seine Hausaufgaben mache.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) unterstützte die Zielsetzung, die ROLA zu stärken und etwas gegen die Umweltbelastung zu tun. Die grundsätzliche Kritik an den Tiroler Einschränkungen könne er aber nicht mittragen. Er teile Knolls Einwände. Der Brennertunnel werde sicher nicht alle Probleme lösen, es brauche begleitende Maßnahmen, um den Schienenverkehr attraktiver zu machen. Im Gegensatz zu Knoll halte er die Tiroler Maßnahmen auch für einen Vorteil für das Trentino, sie schützten auch die Trentiner Bevölkerung. Das Grundproblem seien die geringen Transitkosten auf der Brennerroute. Diese seien europaweit zu harmonisieren, wobei der Transit auch für die Umweltkosten aufkommen müsse. Ein Instrument dazu wäre die Alpentransitbörse.
Der Antrag enthalte einiges, was man mittragen könne, aber auch einige Schwachstellen, urteilte Alessandro Urzì (Fratelli d’Italia), der eine Abstimmung zu den einzelnen Punkten vorschlug. Der Autotransport sollte nicht zum Sündenbock gemacht werden, er bringe lebensnotwendige Waren zu den Bürgern. Masè sei gegenüber den Tiroler Maßnahmen zu gnädig, denn diese richteten sich gegen den italienischen Warentransport und nehme den österreichischen aus. Der freie Warenverkehr sei eine Säule Europas. Die Region sei aber nicht die zuständige Institution, um gegen österreichische Maßnahmen vorzugehen, das bleibe dem Staat vorbehalten. Urzì sprach sich gegen ein Tempolimit aus, aber für einen Ausbau der ROLA und des Schienenverkehrs.
Peter Faistnauer (Team K) zeigte sich darüber perplex, dass laut Masè bestimmte Umweltmaßnahmen nur Tarnungen seien, und teilte die Meinung Knolls dazu. Den Ausbau des Schienenverkehrs könne er mittragen, aber Masè lege den Schwerpunkt auf den freien Warenverkehr und nicht auf die Gesundheit der Bürger. Wer an der Brennerachse wohne, könne die Schäden durch den Schwerverkehr klar erkennen.
Die Arbeiten werden um 14:30 Uhr wieder aufgenommen.