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Wahl des Präsidenten der Region
Erster Punkt auf der heutigen Tagesordnung war die Wahl des Präsidenten der Region.
Maurizio Fugatti schlug im Namen der Mehrheit Arno Kompatscher für dieses Amt vor. Auch Gerhard Lanz schlug, im Namen der SVP, Kompatscher vor.
Das Polittheater der vergangenen Wochen habe gezeigt, dass die Region zum Postenkarussell verkommen sei, meinte Hanspeter Staffler (Grüne). Die Staffel zwischen den beiden Landeshauptleuten an der Spitze der Region sei ein politisches Abkommen der Ära Durnwalder-Dellai und sei nicht vom Statut vorgegeben. Dieses sage nichts über die Sprachgruppe des Präsidenten. Daher könnte man auch einen Ladiner wählen und dabei gleichzeitig mehrere Hürden nehmen. Damit könnte man eine institutionelle Krise lösen, und es wäre eine wichtige Anerkennung für die Ladiner. Dass die Verhandlungen zur A22 einen Landeshauptmann an der Spitze der Region notwendig machten, sei ein Vorwand. Staffler schlug schließlich Manfred Vallazza für dieses Amt vor.
Man könne dem Vorschlag der Grünen durchaus etwas abgewinnen, erklärte Ulli Mair (Freiheitliche). Von der SVP fordere sie mehr Ehrlichkeit. In dieser Angelegenheit gehe es nicht um die Autonomie. Ein Ladiner als Präsident wäre ein vernünftiger Ansatz, mit dem man die Aufstockung der Regionalregierung umgehen könnte. Die Brennerautobahn sei kein Argument.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fand den Vorschlag auf den ersten Blick gut. Der Haken liege darin, dass diese Institution, die nicht mehr gewollt sei, noch länger am Leben gehalten werde. Eine saubere Lösung sei nur die Auflösung der Region, die nur geschaffen wurde, um den Minderheitenschutz auszuhebeln. Ihre Kompetenzen sollten an die beiden Länder oder an die Europaregion übertragen werden. Letztere könnte damit durch konkrete Zuständigkeiten aufgewertet werden.
Paul Köllensperger (Team Köllensperger) erinnere daran, dass vier Monate seit der Wahl vergangen seien und dass man bisher nur über die Aufteilung von Posten geredet habe. Die Aufstockung der Regierung sei sicher nicht kostenlos, wie versprochen. Der zusätzliche Assessor brauche ein Büro und Mitarbeiter. Er sei für den Fortbestand der Region, aber als reines Koordinierungsorgan ohne Gesetzgebungskompetenz. Es sei in vielen Bereichen wichtig, dass die beiden Provinzen ihre Arbeiten miteinander abstimmten: bei Sanität, Verkehr u.a.m. Köllensperger unterstützte schließlich den Vorschlag der Grünen.
Paolo Ghezzi (Futura 2018) unterstützte den Vorschlag ebenfalls. Das Abkommen SVP-Lega sei rückwärtsgewandt, man orientiere sich am historischen Tirol, und die Staffel an der Spitze stehe nicht im Autonomiestatut. Der Mehrheit gehe es nur um die Postenaufteilung. Die Region könne einen Sinn haben, es sei auch nützlich, wenn die Abgeordneten der beiden Provinzen einen Ort der Begegnung hätten.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) sah die Region als Institution in Krise. Mit einem Ladiner an der Spitze würde man ihr einen neuen Sinn geben. Die Ladiner seien die mehrsprachigste Volksgruppe in der Region. Diese Region sei zu reformieren, nicht aufzulösen. Ohne sie wären die beiden Provinzen schwächer, gegenüber Rom wie auch gegenüber Brüssel. Mit einem Ladiner als Präsidenten und den zwei Landeshauptleuten als Stellvertreter hätten beide Provinzen einen Ort, um sich koordinieren zu können.
Alessandro Urzì (gemischte Fraktion) forderte Vallazza auf, zu klären, ob er für das Amt zur Verfügung stehe. Ansonsten sei diese Debatte nutzlos. Er schätze die Ladiner, und nirgends stehe geschrieben, dass der Präsident ein Deutscher sein müsse.
Manfred Vallazza (SVP) fühlte sich geehrt, als Ladiner für dieses Amt vorgeschlagen zu werden. Aber er wolle sich an den Beschluss seiner Partei halten und sehe Arno Kompatscher als den geeignetsten Kandidaten an.
Ugo Rossi (PATT) sah Kompatscher als bestens geeignet für dieses Amt an, er sage das aus Erfahrung. Es werde auch Themen geben, bei denen man zusammenarbeiten könne. Er kritisierte Ghezzi wegen seines Vergleichs der Region mit einem Schwein, von dem man nichts wegwerfe. Der PATT sei zur Zusammenarbeit bereit, weil er diese Region für wichtig erachte.
Giorgio Tonini (PD) verwies auf den Art. 116 der Verfassung, der mit unserer Autonomie beginne und die beiden Provinzen als primär gegenüber der Region einstufe. Letztere sei ein Instrument der Zusammenarbeit, aber ein notwendiges, ohne das die beiden Provinzen nicht weit kommen würden. Der PD unterstütze die Staffel an der Spitze, aber er sei in der Opposition und könne nicht für diese Regierung stimmen, auch wenn man Kompatscher und die SVP sehr schätze. Man werde eine Mitarbeit von Fall zu Fall abwägen.
Brigitte Foppa (Grüne) bemängelte an der Debatte, dass man noch nicht wisse, was der Kandidat mit der Region vorhabe. Ebenso wenig wisse man, welche Zuständigkeiten die vorgeschlagenen Regierungsmitglieder innehaben sollten.
Gerhard Lanz (SVP) wunderte sich über die Kritik. Die Opposition habe einen Kandidaten vorgeschlagen, ohne mit ihm vorher darüber zu reden. Man wolle nur die Sitzung in die Länge ziehen.
Arno Kompatscher SVP) gab anschließend seine programmatische Erklärung ab. Laut Statut und Verfassung seien die beiden Länder die Träger dieser Autonomie, daher sei es eine konsequente Praxis, dass die beiden Landeshauptleute die Region führten. Er erinnerte daran, dass der Pariser Vertrag den Minderheitenschutz an die Basis der Autonomie stellt. Die erste Autonomie sei nicht zufriedenstellend gewesen, eben wegen der damaligen Rolle der Region, die seit der Verfassungsreform nur mehr eine verbindende Klammer zwischen den beiden autonomen Ländern sei. Die Debatten zur Autonomiereform, die in beiden Provinzen geführt wurde, habe neben Unterschieden auch den Konsens erbracht, dass die Rolle der Region zu überdenken sei. Dabei müsse man aber die Rolle des Minderheitenschutzes im Auge behalten. “Wir sind überzeugt, dass der konsequente Schutz der kulturellen Identität der Sprachminderheiten auch jene Sicherheit schafft, die Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben und mehr noch, für ein offenes “Aufeinanderzugehen“ ist. Dadurch wird es erst möglich, auch den Mehrwert der kulturellen Vielfalt zu bewahren und im Sinne eines Zusammenwirkens und Ergänzens zu nutzen. Auf dieser Grundlage ist die Vision einer Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino als Brücke zwischen dem deutschösterreichischen und dem italienischen Kultur- und Wirtschaftsraum, als kleines Europa in Europa, kein Wunschtraum, sondern ein reales und zukunftsgerichtetes Projekt für eine sowohl wirtschaftlich und sozial als auch kulturell prosperierende Region. Die Autonomie ist aber nicht nur Schutz sondern auch Entwicklungsinstrument, auch weil der Schutz ohne entsprechende Entwicklungsmöglichkeit gar nicht wirksam funktionieren könnte.” Beide Länder stünden in den Vergleichsstatistiken sehr gut da, man stehe aber auch vor großen Herausforderungen: Globalisierung, Klimawandel, Individualisierung u.a. Gesetzgebung und Verwaltung müssten danach ausgerichtet werden.
Die Europaregion sei kein Lippenbekenntnis, und man werde weiterhin darauf achten, dass in ihr keine Grenzen gezogen werden: offene Binnengrenzen und sichere Außengrenzen seien ein wichtiges Prinzip für ganz Europa, auch vor dem Hintergrund der Migration. Abgesehen von den überregionalen Herausforderungen sei die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern Pflicht, besonders in jenen Bereichen, in denen eine kritische Masse notwendig sei. Was die derzeitigen Zuständigkeiten der Region angehe, so werde es bei der Gemeindeordnung noch Nachbesserungen brauchen. Im Trentino werde es weitere Zusammenschlüsse von Gemeinden geben, in Südtirol die Ausgestaltung der übergemeindlichen Kompetenzzentren. Anzugehen sei auch die Altersabsicherung der Gemeindeverwalter, wobei er hier auf eine sachliche Debatte hoffe. Für- und Vorsorge seien ein Erfolgsmodell und sollten weiter ausgebaut werden, unter anderem mit einem Gesundheitsfonds, der von Pensplan unterstützt werden sollte. Im Bereich Justizverwaltung sei eine Agentur zur effizienteren Verwaltung geplant. Damit hänge auch die Konsolidierung der Verwaltungstätigkeit der Region zusammen. Im Bereich Europäische Integration und Minderheiten werde man ein besonderes Augenmerk auf die Unterstützung der Jugend legen, auf Mehrsprachigkeit und länderübergreifende Projekte. Im Kulturbereich strebe man eine Aufwertung der Regionalbibliothek an. Im Bereich Verkehr sei die Region eine wichtige Plattform der Zusammenarbeit, bei A22, Verlagerung des Schwerverkehrs, Intermodalität usw.
Kompatscher zeigte sich enttäuscht über den Vorwurf, es ginge in der Region nur um Posten. Es gehe stattdessen um gemeinsame Themen. Zur Rolle der Region gebe es unterschiedliche Auffassungen, aber auch dazu könne man sachlich diskutieren. Erfreut zeigte er sich, dass der PATT seine Kandidatur unterstütze. Er lade jedenfalls auch die Opposition zur Mitarbeit ein, um das, was derzeit von der Region verwaltet werde, bestmöglich zu gestalten. Das sei man den Wählern und Steuerzahlern schuldig.